Warum am Brenner ein Tunnel besser als die Brückensanierung ist

Robin: Verkehrskollaps bedroht Anrainer jen- und diesseits der Grenze sowie den Tourismus – Südtiroler Brennerautobahn vor großen Herausforderungen

Wie eine Riesenschlage windet sich die Brennerautobahn zwischen Brennersee und Gries am Brenner über das rund zwei Kilometer lange Viadukt der Luegbrücke. Die österreichische Autobahngesellschaft ASFINAG hat mitgeteilt, dass das Bauwerk aus den 60er-Jahren baufällig ist und von Grund auf saniert, also großteils das Tragwerk neu errichtet werden muß. Damit wird eine der wichtigsten Transitstrecken Europas ab Ende 2024 für 2 Jahre nur mehr einspurig befahrbar sein. Die von der Gemeinde Gries am Brenner und dem Land Tirol geforderte Tunnellösung ist laut ASFINAG vom Tisch. Da schon heute eine Fahrspur auf der Brennerautobahn permanent von Lastwagen belegt ist, befürchtet man nicht nur in Tirol einen Zusammenbruch des Verkehrs. Die zu erwartenden Beeinträchtigungen mögen wohl die prekäre Transitproblematik nochmals um einiges verschärfen und die Position der Tiroler gegenüber den Angriffen aus Norden und Süden und sogar aus Brüssel stärken. Für den Verbraucherschutzverein Robin ist ein solches Szenario für die Bevölkerung und die Umwelt in Nord- und Südtirol nicht verkraftbar. Zudem stellt sich die Frage, ob den steigenden Verkehrszahlen Schranken gesetzt werden und Straßen immer weiter ausgebaut werden oder ob nachhaltiger saniert und Lebensraum zurückgewonnen wird.

Luegtunnel gegen Luegbrücke

Bei den Studien, die die Autobahnbetreiber schließlich für die Brückensanierung überzeugt haben, ist die Nachhaltigkeit einer Tunnellösung zu wenig berücksichtigt worden. Zum Beispiel ist die Lärmbelastung durch den Tunnel vielfach geringer. Auch die Emissionsbilanz für Luft und Klima ergeben eine deutlich Bevorzugung des Tunnels. So ist der Salzbedarf und damit die diesbezügliche Belastung des Wassers und der Umwelt für das Freihalten der Fahrspuren im Winter im Tunnel nicht gegeben. Auch den Witterungsverhältnissen trotz der Tunnel besser und die Unfallhäufigkeit ist bei 2-Röhren-Tunnels geringer. Die Investitionskosten sind bei entsprechenden Optimierungen sogar günstiger. Durch einen Rückbau der Brücke kann neuer Lebensraum entstehen und das Lebensumfeld wird beim Rückbau der Brücke ebenfalls verbessert. Die Brücke kann auch den Eindruck eines Alpenüberganges nicht vermitteln. Dass die Flächenbeanspruchung, Licht und Schatten des Siedlungs- und Wirtschaftsraum bei der Tunnellösung vorteilhafter ist, ist unbestritten.

Bei den Themenschwerpunkten Umwelt, Mensch und Betrieb schneidet die Tunnellösung deutlich besser ab als die Brückenlösung. Dies gilt auch für die Bauphase auf Grund der wesentlich kürzeren Bauzeit und den geringeren Beeinträchtigungen durch die Möglichkeit, die Brücken während der Bauzeit zu befahren. Beim Betrieb und der Instandhaltung ist der Unterschied gering. In diesem Sinne ist es nicht nachvollziehbar warum die Tunnelvariante von der Betreibergesellschaft ASFINAG einfach vom Tisch gewischt wird. Ohne Rücksicht auf die Anliegen jen- und diesseits des Brenners und die vielen Reisenden und Touristen.

Was passiert mit der Brennerautobahn in Südtirol?

Das letzte und technisch aufwändigste Teilstück der Brennerautobahn Klausen-Bozen Süd wurde 1974 fertiggestellt. Die Nutzungszeit von 50 Jahren ist damit erreicht, auch angesichts des ungeplant hohen Verkehrsaufkommens. Die anfallenden Generalsanierungsmaßnahmen dürften, wie auf der Tiroler Brennerautobahn lange Bauzeiten und beträchtliche Beeinträchtigungen erfordern. Enttäuschend sind die Aussagen der Autobahnverantwortlichen dazu. Der Businessplan aufgrund der starken Zunahme des Verkehrsaufkommens würde eine Neutrassierung nach dem Stand der Technik zulassen. Doch kein Wort davon in den Äußerungen der Autobahnführung. Nur ein laues: „Die Entwicklung des ersten italienischen Grünen Korridors. Die umfangreichen Investitionen zielen nicht nur auf die Instandhaltung, die regelmäßige Sanierung und die allgemeine Modernisierung der bestehenden Infrastruktur ab, sondern sehen eine Umstellung der Verkehrsachse von analog auf digital vor und fördern den ökologischen Wandel und die intermodale Mobilität. Der Ausbau des Abschnittes Verona-Modena auf drei Spuren und die Fertigstellung der dritten dynamischen Spur zwischen Bozen und Verona gehen einher mit der systematischen Entwicklung der notwendigen Technologie für autonomes und vernetztes Fahren.“ Also vor allem Ausbau und digitale Nutzungen. Dabei wäre auch bei uns Nachhaltigkeit angesagt. Wie? Durch ein detailliertes Variantenstudium der Neutrassierung mit Einbeziehung von Tunnellösungen nicht nur für Bozen. Die Eisenbahn macht es vor, die Erneuerung auf der Brennerachse wird vor allem in Tunnels geführt. Bei der Verlegung in den Berg können die frei werdenden Flächen für leistbaren Wohnraum zur Verfügung gestellt werden und auch können die dringend erforderlichen LKW-Parkplätze und Unterkünfte für menschenwürdige Ruhephasen für die LKW-Fahrer errichtet werden.

Fazit

Für den Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus, ist es ratsam „gut aufzupassen, dass durch den stetigen Ausbau der Autobahn diese nicht noch attraktiver gestaltet wird und noch mehr Verkehr anzieht. Daher sollte aus starren Sichtweisen ausgebrochen und neue Weichenstellungen angegangen werden. Die Politik hätte die Aufgabe, entsprechende Voraussetzungen zur Regelung von Bereichen zu schaffen, wo es zu Auswüchsen kommt. Diese Regelungen sollten für die Gemeinschaft und das Ökosystem erträgliche Gegebenheiten vorsehen. Erfolgt dies, so werden Menschen und Wirtschaft selbst nach Mitteln und Wegen für Lösungen suchen.“

 

14. Juli 2022