Robin: für VerbraucherInnen und Betriebe war es ein Jahr besonderer Herausforderungen
In den letzten Tagen haben die Verwaltungsräte von Sparkasse und Volksbank ihre Genugtuung über die „Rekordergebnisse 2022“ im Bankengeschäft Südtirols zum Ausdruck gebracht. Dabei wurde die „hervorragende Entwicklung“, die „ausgezeichnete Ertragskraft“, das „beste und höchste Ergebnis der Geschichte“ und „beim Reingewinn das beste jemals erziehlte Resultat“ bejubelt.
Doch Jubel ist nicht angebracht. Das letzte Jahr war für die Familien und Unternehmen von großen Herausforderungen gekennzeichnet. Rasant gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise, unbezahlte Strom-, Gas- und Kondominiumsabrechnungen, eine galoppierende Inflation, das herumschlagen mit Förderpaketen. steigende Armut, Unsicherheit und Sorgen massenhaft. Bedingt durch die hohen Preissteigerungen können Haushalte von ihrem Einkommen immer weniger kaufen und weniger Geld fürs Sparen aufwenden. Im Gegenteil, das Ersparte und Reserven werden abgebaut. Für VerbraucherInnen und Unternehmen kein leichtes Jahr und überhaupt kein Grund in Partylaune zu kommen. Und zigtausende von Sparkasse- und Volksbank-Aktionären hatten auch noch mit den um über 50% gesunkenen Aktienkurs und mit der Unverkäuflichkeit der Aktien zu kämpfen.
Gutes Geld verdienen auf Kosten der Kunden
Andererseits ist es schwer nachvollziehbar, dass sich Banken wie Sparkasse und Volksbank in diesen Zeiten auf unsere Kosten gutes Geld verdient haben. Ohne den Managern etwas wegnehmen zu wollen, scheint das Erzielen von Rekordgewinnen für die Banken kein besonders kompliziertes Unterfangen gewesen zu sein. Die Zinseinnahmen aus Hypothekendarlehen und Krediten steigen, die an die Einleger gezahlten Zinsen bleiben gleich (d. h. es gibt sie nicht). Im Provisionsgeschäft und im Wertpapierportfolio läuft es anscheindend auch sehr gut.
In den vergangenen zehn Jahren, in denen die Zinssätze besonders niedrig waren, waren es vor allem die Provisionen, die die Konten der Banken über Wasser hielten. Doch nun hat sich der Wind gedreht: Seit Juli letzten Jahres hat die Europäische Zentralbank begonnen, an der Zinsspirale nach oben zu drehen. Die von VerbraucherInnen und Betrieben zu zahlenden Zinsen für Wohnbaudarlehen und Kredite wurden sofort angepasst. Bei einem durchschnittlichen variablen Wohnbaudarlehen stieg die monatliche Rate um fast 200 Euro (in Südtirol bei den hohen Wohnungspreisen wohl das doppelte).
Die Banca d'Italia stellte fest, dass die Zinssätze für Wohnbaudarlehen einschließlich Nebenkosten (effektiver Jahreszins) im November (d. h. vor den jüngsten Erhöhungen der EZB) auf 3,55 % gestiegen sind. Im Oktober lagen sie bei 3,23%. Die Quote für neue Verbraucherkredite lag bei 9,25% gegenüber 8,93% im Vormonat. Auch die Zinsen für Kredite an Unternehmen sind gestiegen. Die Einleger haben von den Steigerungen wenig gemerkt. Darüber hinaus sind die Einlagen mit kleinen und großen Provisionen gespickt, die mehr oder weniger bekannt gemacht werden, was ihre Rendite noch weiter unter Null drückt. In Italien sind die Kosten für ein Bankkonto im Jahr 2022 um durchschnittlich 8 Prozent gestiegen, was für jeden Kontoinhaber zusätzliche Kosten von 132 Euro bedeutet.
Die SüdtirolerInnen haben auf den Bankkonten über 10 Milliarden Euro liegen, zusammen mit Anlagekonten mehr als 15 Milliarden (Stand 2021). Tatsächlich wurde das Geld auf den Bankkonten nicht verzinst, im allgemeinen können nicht mal die Kosten für die Kontoführung gutgemacht werden.
Zeit zu verhandeln
Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus meint: „Es ist Zeit, dass sich die BankkundInnen wehren. Wir sollten das Märchen nicht mehr glauben, dass das Bankkonto eine Dienstleistung der Bank ist, die uns einen Gefallen tut, unser Geld zu verwahren. Und uns auch noch einen großen Gefallen tut, wenn sie uns Geld leiht. Es gilt die Kosten für Bankdienstleistungen durch Verhandeln zu minimieren“.
Die Finanzbildung erklärt zwar dass Erspartes investiert werden sollte, wobei man das Risiko, das man zu tragen bereit ist, und die Zeit, für die man bereit ist, darauf zu verzichten, abwägt. Aber in diesen Zeiten großer Unsicherheit (2022 haben sowohl Aktien als auch Anleihen an Wert verloren) ist das Risiko von Investitionen ein Wagnis für Mutige. In der Zwischenzeit frisst die Inflation den realen Wert des eingezahlten Geldes auf.
Laut unserer Erfahrung haben nur wenige Kleinbanken in Südtirol zum Beispiel inflationsgeschützte Anleihen als Geldanlage empfohlen.
Wer aus der Zwickmühle beim Sparen und bei der Geldanlage entkommen möchte, hat folgende Möglichkeiten:
1. Bei den Bankkonten zahlt sich der Vergleich aus, denn es gibt noch Banken die Kontokorrente kostenlos anbieten. Schauen Sie die Aufstellung der Jahreskosten an und Sie können eventuelle Sparpotenziale feststellen. Wer online fit ist, kann sparen.
2. Die Surrogation, also die Übertragung des Darlehens zu einer anderen Bank, die bessere Bedingungen bietet, ist jederzeit (kostenlos) möglich. Wer ein variabel verzinstes Darlehen laufen hat, kann überlegen zu einem fixen zu wechseln.
3. Das Wichtigste bei der Geldanlage: Klären Sie Ihren Bedarf: wie lange wollen Sie welchen Betrag anlegen? Können Sie teure Schulden tilgen? Wie viel Risiko darf es sein für die Chance auf höhere Renditen? Wenn Sie sich Rat von Verkäufern von Finanzprodukten erhoffen: Seien Sie skeptisch! Holen Sie eine Zweitmeinung ein. Die zwei wichtigsten Erfolgskriterien einer jeden Geldanlage sind eine breite Risikostreuung und niedrige Kosten. Wer die Abhängigkeit von Beratern der Bank vermindern will, sollte sich konkret mit den eigenen Finanzen befassen und sich eine Geldstrategie aneignen.“