Bargeld unter Beschuss: Neues Buch gibt Einblicke für VerbraucherInnen und SparerInnen
Wenn Totgesagte länger leben, dann ist es ums Bargeld gar nicht schlecht bestellt. Von vielen Seiten wird die Mär vom Ende des Bargeldes angestimmt. Die Wahrheit ist, es ist immer mehr Bargeld im Umlauf.
Mit vielen kleinen Nadelstichen soll das Bargeld madig gemacht werden: Es wird behauptet, dass Steuerhinterzieher, Kriminelle und Terroristen ihre Geschäfte mit Bargeld abwickeln. Studien sehen diesbezügliche Verbesserungen durch die Bargeldabschaffung bei einzelnen Prozentpunkten. Beispielsweise werden auch große Banknoten stigmatisiert und die EZB hat sich hinreißen lassen, den 500 Euro Schein aus dem Verkehr zu ziehen.
Natürlich haben Banken, Kreditkartenfirmen und Zahlungsdienstleister ein vitales Interesse möglichst viele Transaktionen abzuwickeln, denn bei jeder Zahlung verdienen sie mit, sogar beim kleinen Espresso an der Bar. Da leuchten doch sonst oft traurige Bankmanageraugen! Die Politik, so scheint es, widersteht der entsprechenden Lobbyarbeit immer weniger. Zum Glück machen die Menschen nicht mit und Aktionen wie das italienische, staatliche Chashback-Programm werden zusehends zum Flop. Die Regierung Draghi sollte die Reißleine ziehen.
Doch zwei wichtige Gründe befeuern die Abschaffung des lästigen Bargeldes genauso stark. Um die Schulden der Staaten und Banken zu verringern könnten Zentralbanken eine dauerhafte negative Zinslandschaft ankurbeln. Staaten können sich dann durch Aufnahme von Krediten mit Minuszinsen entschulden. Durch das Bargeld sind der Negativzinspolitik Grenzen gezogen. Auch der „gläserne“ Mensch wird durch das Bargeld blockiert. Denn in einer bargeldfreien Gesellschaft wäre unser ökonomisches Leben durchsichtig und läge in den Datenbanken der Finanzinstitute. Dies könnten uns, wie es ein Wirtschaftsjournalist formuliert hat, zu „Geiseln der Banken“ machen.
Es lebe das Bargeld!
„Viva i contanti“, unter diesem Titel hat Beppe Scienza aus Turin, der sich seit 1976 mit Geldanlage und Zusatzvorsorge befasst, vor wenigen Wochen im Verlag Ponte delle Grazie ein Buch mit interessanten Einblicken zum Bargeld veröffentlicht. Für VerbraucherInnen und SparerInnen ist es ein hilfreicher Beitrag zur Grundausbildung in Geldangelegenheiten. Denn auch der Versuch der Bargeldbekämpfung im Windschatten der aktuellen Coronavirus-Pandemie zeigt, wie notwendig ein entschiedener Widerstand gegen die Bargeldmiesmacher ist. Der Mathematikprofessor Scienza arbeitet im Buch gut heraus, wie Bargeld nicht nur ein Zahlungsmittel ist, sondern auch als Wertaufbewahrungsmittel dient. Die deutsche Bundesbank unterstreicht diese Tatsache, die Banca d'Italia vertuscht dies gerne. Wenn der Volksmund sagt: „Nur Bares ist Wahres“, so ist da durchaus etwas dran.
Doch was ist der Grund für die Verwendung von Bargeld zur Wertaufbewahrung? Schließlich bestehen Verlust- und Diebstahlrisiken, Bargeld ist unverzinslich und verliert bei Inflation an Wert. Aus individueller Sicht sprechen meist der Schutz vor Ausfallrisiken oder Liquiditätsüberlegungen für den Aufbau eines Bargeldbestandes. Denn Geld auf dem Bankkonto ist nicht das Geld des Kunden/der Kundin, sondern ein Guthaben, welches bedient werden kann oder auch nicht wie sich in der Griechenland- und Zypernkrise gezeigt hat. Nicht in jeder Situation, in der ein/e VerbraucherIn Bedarf an der Abwicklung einer Zahlung hat, stehen zudem auch entsprechende technische Voraussetzungen für die Abwicklung einer unbaren Zahlung zur Verfügung. Einige AnlegerInnen könnten auch der Stabilität des Bank- und Finanzwesens misstrauen und deshalb Banknoten zurücklegen. Bargeld ist sicheres Zentralbankgeld, das grundsätzlich keinem Ausfallrisiko unterliegt. Auch ist die Greifbarkeit von Bar- im Vergleich zu Buchgeld zur Selbstkontrolle für die VerbraucherInnen nützlich. Der Überblick über die Ausgaben gelingt leichter. Von diesen Vorteilen spricht neben Professor Scienza auch die Bundesbank, nicht die Mafia. Auch über den Umfang der Bargeldreserve und die steuerlichen und wirtschaftlichen Fallstricke bei der Hortung von Bargeld wird informiert.
VerbraucherInnen in Bedrängnis und soziale Teilhabe
Der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, Walther Andreaus, gibt zu bedenken: „Die in Italien und vielleicht bald in Europa geltenden Beschränkungen des Bargeldverkehrs sind unverhältnismäßig und bringen viele VerbraucherInnen durch Vergesslichkeit oder mangelde Information mit saftigen Strafen in die Bredouille. Nachgewiesenermaßen wird das Ziel der Steuerhinterziehung und der Kriminalitätsbekämpfung nicht erreicht. Stattdessen werden bürgerliche Freiheiten eingeschränkt. Bargeld ermöglicht zudem jenen, die vom Finanzsystem aus vielerlei Gründen ausgeschlossen sind, die soziale Teilhabe.“