Jahrzehntelanges Unrecht und neue Verzögerungen: Bürgerrechte endlich durchsetzen – Gerichte sollen Ausschreibung der Stege überprüfen
Kalterer See/Südtirol – Der Kalterer See ist öffentliches Eigentum, doch seit Jahrzehnten wird der freie Zugang für Bürgerinnen und Bürger faktisch verweigert. Der Verbraucherschutzverein Robin ruft angesichts der aktuellen Entwicklungen zum entschlossenen Handeln auf: Der See gehört allen – nicht nur jenen, die bezahlen.
Ein militärisches Areal wird frei – und doch bleibt der Zugang versperrt
Im Sommer 2023 wurde das am Ostufer des Kalterer Sees gelegene ehemalige Militärgelände offiziell an das Land Südtirol übertragen. Die politische Erwartung war klar: Nun könne endlich ein öffentlicher Zugang geschaffen werden.
Landeshauptmann Arno Kompatscher erklärte dazu am 4. Oktober 2023 in einem Interview auf Salto.bz („Immer gleich Goschen“):
„Bei der Unterzeichnung des Vertrages, mit dem das Militärgelände an das Land übergegangen ist, war die Kalterer Bürgermeisterin dabei. Schon damals hieß es: Jetzt können wir endlich den öffentlichen Steg machen. Das war damals für alle klar. Es gab und gibt keine Zweifel.“
Doch anstatt zügig zu handeln, erklärte die Gemeinde Kaltern gemeinsam mit Teilen der Landesregierung das ehemalige Militärareal kurzerhand für „ungeeignet“.
Hinter verschlossenen Türen wird seither um landwirtschaftliche Flächen für Parkplätze (mutmaßlich kostenpflichtig), einen Kiosk und neue Sanitäranlagen verhandelt. Damit droht ein einfaches, sanftes und kostenloses Seeerlebnis für alle Bürger erneut den Interessen einzelner Gruppen geopfert zu werden.
Walther Andreaus, Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin, erklärt dazu: „Es ist völlig unverständlich, dass bei einem See mit einem Umfang von 5,3 Kilometern nicht einmal 100 Meter für einen sanften, freien Zugang für die Allgemeinheit bereitgestellt werden. Stattdessen wird diese berechtigte Forderung mit dem Verweis auf eine sogenannte Turbo-Lösung abgeschmettert – eine Lösung, die aus wirtschaftlichen Interessen besteht, weitere Jahre in Anspruch nehmen wird und die Grundidee eines freien, einfachen Zugangs untergräbt.
Unsere Eingaben an die Europäische Kommission und die italienische Wettbewerbs-behörde AGCM haben die Missstände klar bestätigt. Öffentliche Güter wie der Kalterer See dürfen nicht länger privatisiert oder durch strukturelle Intransparenz der Allgemeinheit vorenthalten werden. Wir verlangen die sofortige Umsetzung der europäischen Vorgaben – wenn nötig, werden wir diese Rechte vor Gericht durchsetzen.“
Verbraucherschutzverein Robin: Konsequente Umsetzung europäischer Prinzipien gefordert
Bereits im Herbst 2024 hat Robin eine Eingabe an die Europäische Kommission sowie an die italienische Wettbewerbsbehörde (AGCM) gemacht. Der Vorwurf: Die Konzessionen für die Stege am Kalterer See wurden ohne öffentliche Ausschreibung vergeben – ein klarer Verstoss gegen die europarechtlichen Prinzipien der Transparenz, Gleichbehandlung und des Wettbewerbs.
Die Antworten aus Brüssel und Rom waren eindeutig:
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Die EU-Kommission erkennt den Missstand, verweist aber auf nationale Gerichte, da gegen Italien bereits ein Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist.
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Die italienische Wettbewerbsbehörde bestätigt die Notwendigkeit öffentlicher Ausschreibungen, hat aber bei öffentlichen Körperschaften keine Durchsetzungsbefugnis.
Damit steht fest: Die automatische Verlängerung bestehender Konzessionen ohne Wettbewerb und der fehlende öffentliche Zugang zu den Stegen schränkt nicht nur die Marktchancen ein, sondern auch das grundlegende Recht auf freien Zugang zu einem öffentlichen Gut.
Robin fordert klare und sofortige Maßnahmen:
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Öffentliche Ausschreibung aller Stegkonzessionen,
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Schaffung eines kostenlosen, sanften Seezugangs am Ostufer,
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Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie (Bolkestein-Richtlinie) auch am Kalterer See,
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Sicherstellung eines diskriminierungsfreien und gleichberechtigten Zugangs für alle.
Zur Durchsetzung dieser Forderungen wird Robin eine formelle Aufforderung zur Erfüllung („Diffida ad adempiere“) an das Land Südtirol schicken und den Rechtsweg beschreiten – auch wenn dies angesichts des zu erwartenden Widerstandes einen langen Instanzenweg bedeuten könnte.
Rechtsstreit: Unterstützung dringend benötigt
Die Gesamtkosten für das Verfahren, das von den Rechtsanwälten aus Rom Prof. RA. Massimo Cerniglia, RA Alessandro Caponi und RA Marco Montanari betreut wird, werden auf etwa 30.000 Euro geschätzt. Um dieses wichtige Anliegen durch alle gerichtlichen Instanzen tragen zu können, bittet der Verbraucherschutzverein Robin die mehr als 7.200 Unterzeichner der Online-Petition sohttps://www.change.org/p/schaffen-sie-endlich-einen-freien-und-sanften-zugang-zum-kalterer-see?utm_medium=custom_url&utm_source=share_petition&recruited_by_id=afee01c0-7719-11ea-905f-a32d01f5e6f2wie weitere Unterstützerinnen und Unterstützer um freiwillige Spenden. Spenden an Robin sind steuerlich absetzbar – nähere Informationen unter: 👉 www.robinreport.it/spenden. Auch die 5 Promille der Steuererklärung können gespendet werden.
Jetzt aktiv werden – für das Recht auf freien Zugang!
Verteidigen wir gemeinsam das öffentliche Gut Kalterer See – gegen Monopole, Intransparenz und Diskriminierung! Unterschriften für die Petition werden weiterhin gesammelt: zur Petition